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DIE ESRS SIND AUF DER ZIELGERADEN: DIE STANDARDS…

Veröffentlicht am: 22. August 2023

Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) werden verpflichtende Berichtsstandards eingeführt, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Diese sind ein wichtiger Impuls für mehr unternehmerische Nachhaltigkeit. Ein Impuls, der Unternehmen auffordert, ihrer gesellschaftlichen und unternehmerischen Verantwortung gerecht zu werden. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung als Chance zu nutzen, wäre ein erster, zwingender Schritt!

Die CSRD liefert die Vorgaben, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) definieren die Inhalte. Die Berichtsstandards greifen bestehende Rahmenwerke wie GRI[1], SASB[2] und TCFD[3] auf und setzen für eine verpflichtende Berichterstattung neue Maßstäbe, wie zum Beispiel bei der doppelten Wesentlichkeit bzw. der doppelten Materialität. Die fertigen Entwürfe der European Financial Reporting Advisory Group[4] (EFRAG) wurden von ihr am 23. November 2022 der Europäischen Kommission übergeben. Daraus entstand ein erster Delegierter Rechtsakt[5] (Entwurf), der am 09. Juni 2023 zur Konsultation eingestellt wurde. Die Konsultationsphase endete am 07. Juli 2023. Insgesamt wurden 604 Stellungnahmen[6] eingereicht. Am 31. Juli 2023 hat die Europäische Kommission nun den Entwurf angenommen und eine „finale“ Delegierte Verordnung veröffentlicht[7].

Welche Änderungen sieht der Konsultationsentwurf vor?

Der durch die EFRAG eingereichte Entwurf wurde von der Europäischen Kommission überarbeitet und sieht einige wesentliche Änderungen gegenüber der ursprünglich eingereichten Entwurf vor. Mit der überarbeiteten Fassung soll insbesondere die Belastung der berichtspflichtigen Unternehmen verringert, eine korrekte Anwendung gewährleistet und die Verhältnismäßigkeit aufrechterhalten werden:

  • Schrittweise Einführung (ESRS 1/ Anlage C): Die Europäische Kommission schlägt weitere Erleichterungen für die Erstanwendung vor. Demnach können Angaben zu potenziellen finanziellen Effekten umweltbezogener Risiken und Chancen (u.a. Verschmutzung, Biodiversität, Wasser) wie auch bestimmte Daten in Bezug auf die eigenen Beschäftigten (u.a. Sozialschutz, arbeitsbedingte Erkrankung) für alle Unternehmen im ersten Anwendungsjahr entfallen.
  • Schrittweise Einführung bei Unternehmen mit bis zu 750 Mitarbeitende (ESRS 1/ Anlage C): Ergänzend entfallen für Unternehmen mit weniger als 750 Mitarbeitern die Angaben zu den indirekten Emissionen (Scope 3, E1-6) und den eigenen Beschäftigten (S1) im ersten Anwendungsjahr und Angaben zur biologischen Vielfalt (E4), Beschäftigte in der Wertschöpfungskette (S2), betroffene Gruppen (S3) und Endverbrauchern (S4) in den ersten beiden Anwendungsjahren.
  • Doppelte Wesentlichkeit (ESRS 1/ Anlage E): Während in den bisherigen Entwürfen der EFRAG, unabhängig von den Ergebnissen der Wesentlichkeitsanalyse, Teile der ESRS verpflichtend anzugeben waren (u.a. ESRS E1), soll nun nur noch über Nachhaltigkeitsthemen berichtet werden, die als wesentlich eingestuft wurden. Das heißt, es gibt keine allgemein verpflichtenden Angaben über die generellen Angaben des ESRS 2 hinaus.
  • Erweiterter Spielraum: Bei der Offenlegung von Angaben u.a. in Bezug zu den finanzieller Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken sieht der Entwurf der Kommission mehr Flexibilität und einen größeren Spielraum vor. Dies gilt auch für die Einbeziehung von Stakeholdern und die Vorgaben zur Methodik für die Wesentlichkeitsanalyse.
  • Mehr freiwillige Berichtsinhalte: Zu den bislang freiwilligen Angaben wurden nun noch weitere ergänzt. Dazu zählt u.a. die Erläuterung, warum ein bestimmtes Nachhaltigkeitsthema als nicht wesentlich angesehen wird (ESRS 2), Übergangspläne zur Biodiversität und Ökosysteme (E4) und verschiedene Indikatoren zu nicht angestellten Beschäftigten (S1).

Der von der Kommission erlassene delegierte Rechtsakt über die ESRS wird in der zweiten Augusthälfte offiziell dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung übermittelt. Der Prüfungszeitraum beträgt zwei Monate und kann um weitere zwei Monate verlängert werden. Das Europäische Parlament oder der Rat können den Delegierten Rechtsakt ablehnen, ihn jedoch nicht abändern[8]. Aber die Zeit drängt, denn die bereits heute berichtspflichtigen Unternehmen sollen nach dem verpflichtenden Berichtsstandard erstmalig in 2025 für das Geschäftsjahr 2024 berichten. Hier braucht es Planungssicherheit.

Der Aufbau der ESRS

Die Offenlegungsanforderungen im ESRS 2, in den thematischen und in den sektorspezifischen ESRS sind in die folgenden Berichtsbereiche gegliedert:

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist Teil des Lageberichts und muss digital (inkl. Tagging) im European Single Access Points (ESAP) zur Verfügung gestellt werden. Die Struktur des Nachhaltigkeitsberichts folgt zwingend den in der obigen Übersicht veranschaulichten Standards (ESRS 1/ Anhang D) und soll eine bessere Vergleichbarkeit gewährleisten. Aber nicht nur. Die CSRD/ ESRS gehen deutlich über die bisherigen Inhalte der nichtfinanziellen Erklärung (NFE) hinaus und schaffen mehr Transparenz (siehe ESRS 1/ Anhang I), u.a. in Bezug auf die …

  • Strategie: Offenlegung der strategischen Ausrichtung mit Blick auf unternehmerische Nachhaltigkeit, Governance-Themen, Wesentlichkeitsbewertungen von Risiken, Chancen und Auswirkungen relevanter Nachhaltigkeitsaspekte
  • Implementierung: Offenlegung von Richtlinien, Zielen und Aktionspläne
  • Leistungsmessung: Offenlegung der Überwachung der Transformationspfade anhand von Leistungsindikatoren bzw. von Messpunkten (KPls) und von zukunftsorientierten Perspektiven

Mit den oben skizzierten Erleichterungen konzentrieren sich die vorbereitenden Arbeiten für die Nachhaltigkeitsberichterstattung vor allem auf die verpflichtenden Inhalte im ESRS 2 und auf die Wesentlichkeitsanalyse. Ihre Ergebnisse sind grundlegend für den Umfang der Berichterstattung. Die ernsthafte Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der eigenen Geschäftstätigkeit und mit den finanziellen Auswirkungen ist grundlegend für mehr echte unternehmerischer Nachhaltigkeit. In der nachfolgenden Übersicht ist ein grober Fahrplan für Unternehmen enthalten, die erstmalig im Jahr 2026 für das Geschäftsjahr 2025 berichten müssen.

Darin sind die großen Meilensteine auf dem Weg zum Nachhaltigkeitsbericht angedeutet. Soll – wie eingangs betont – die Nachhaltigkeitsberichterstattung als Chance für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen genutzt werden, sollte parallel ein Transformationsprozess in Gang gesetzt werden, der alle Unternehmensbereiche mit der Frage konfrontiert, welchen ganz konkreten Beitrag sie in ihrem Verantwortungsbereich leisten können und wollen. Das Ganze ist vor allem dann erfolgreich, wenn der Transformationsprozess auch als ein Veränderungsprozess verstanden wird und alle Mitarbeitenden einbezieht.

Fazit

crossconsulting ist davon überzeugt, dass die ESRS einen wichtigen Impuls für die Auseinandersetzung mit mehr unternehmerischer Nachhaltigkeit liefern. Aber dieser allein wird nicht reichen, um unsere täglich spürbarer werden ökologischen und sozialen Herausforderungen zu lösen. Denn allein die Offenlegung von Informationen sagt nichts darüber aus, wie ambitioniert die dokumentierten Strategien, Ziele und Maßnahmen sind. Wir müssen vielmehr darauf achten, nicht in eine Scheinwelt voller Glückseligkeiten zu versinken, die uns das Gefühl vermittelt, unsere Art und Weise zu wirtschaften unbedarft fortsetzen zu können. Wir sind gefordert, Nachhaltigkeit mit verteilten Verantwortlichkeiten in den Geschäftsprozessen zu verankern. Wir müssen unsere Mitarbeitenden in Sachen Nachhaltigkeit fit machen und neue, innovative, wirklich nachhaltigere Produkte und Prozesse designen. In diesem Sinne:

THINK AHEAD! GO AHEAD!

Bernd Hinrichs, Senior Expert Nachhaltigkeit, crossconsulting Nachhaltigkeitsbeauftragter

[1] Global Reporting Initiative

[2] Sustainability Accounting Standards Board

[3] Task Force on Climate-related Financial Disclosures

[4] EFRAG: Sustainability Reporting Standards/ Draf/ Nov. 2022/ Link

[5] Europäische Kommission: Erste europäische Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung/ Link

[6] Europäische Kommission: Stellungnahmen  Link

[7] Europäische Kommission: C (2023) 5303 Link

[8] Europäische Kommission: Fragen und Antworten zur Annahme europäischer Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung Link

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