ESG(-Risiken) in der Kreditvergabe – Die Auswirkungen der…
ESG(-Risiken) in der Kreditvergabe – Die Auswirkungen der 7. MaRisk-Novelle
Bis zum 01. Januar 2024 steht für Banken die Umsetzung der 7. Novelle der Mindestanforderungen für das Risikomanagement (MaRisk) an. Darin werden sie aufgefordert, mehr unternehmerische Nachhaltigkeit in die Kreditprozesse zu integrieren. Mit der am 29. Juni 2023 verabschiedeten 7. MaRisk Novelle (BaFIN) hat die BaFin eine Angleichung der nationalen Mindeststandards an die europäischen Standards der European Banking Authority (EBA) fortgeführt. Der Begriff „ESG“ Environmental (E), Social (S), Governance (G) wird in der Erläuterung der MaRisk insgesamt 45-mal genannt. Allein die Anzahl der Nennungen stellt die Bedeutung unternehmerischer Nachhaltigkeit heraus. Insbesondere im Kreditbereich und im Risikomanagement werden durch Verweise auf die EBA-Guidelines für die Kreditvergabe und Überwachung die europäischen Anforderungen in deutsches Recht überführt. Diese neuen Anforderungen stellen den Kern der 7. MaRisk-Novelle dar.
Neuerungen in Bezug auf die Kreditvergabe
Durch den wiederholten Verweis auf die EBA-Guidelines zur Kreditvergabe und Überwachung im besonderen Teil der MaRisk für die Aufbau- und Ablauforganisation im Kreditgeschäft (BTO 1 MaRisk) werden diese zur neuen regulatorischen Basis im Kreditgeschäft. Beim Management von Risiken im Kreditgeschäft werden Banken zukünftig eine Bewertung von ESG-Risiken durchführen müssen. Durch diesen neuen Verweis auf die euorpäischen Normen, werden insbesondere für die weniger bedeutenden Institute (LSIs, Less-significant institutions) mehr Anforderungen an den Umgang mit ESG-Risiken im Kreditgeschäft zu beachten und umzusetzen sein. Diese Institute müssen die EBA-Guidelines bisher noch nicht anwenden. Die regulatorischen Anforderungen lassen sich den nachfolgenden drei Kernbereichen zuordnen:
1. Organisation und Strategie
Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten und ESG-Kriterien in der Geschäfts-strategie, der Kredit- und Risikostrategie und den Kreditvergabestandards. Anpassung des internen Kontrollsystems, der Kundensegmentierung sowie der Mitarbeiter-schulung
2. Kreditvergabe und Analyse (Fokus dieses Artikels)
Anpassungen im Beratungsprozess/ der Geschäftsanbahnung und der Kreditgewährung u.a. durch Erfassung der ESG-Risiken des Kreditnehmers, Bewertung der ESG-Risiken und Sensitivitätsanalysen im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung, Sicherheitenbewertung auch nach ESG-Kriterien
3. Risikosteuerung und Überwachung
ESG-Integration in Risikoinventur und Risikomodelle, Quantifizierung von ESG-Risiken, Kreditüberwachung auf ESG-Kennzahlen, ESG-Scores
Zusätzlich zu den Anpassungen, resultierend aus der 7. MaRisk-Novelle, ergeben sich für Banken umfassende Reportingpflichten u. a. aus der EU-Taxonmie-Verordnung, der CSRD und der Offenlegung von ESG-Risiken im Rahmen der Säule 3 der CRR (Pillar 3 Capital Requirements Regulation- CRR). So müssen Banken zukünftig mit der Green Asset Ratio (GAR) sowie der Banking Book Taxonomy Alignment Ratio (BTAR) über den Anteil an nachhaltigen (taxonomiekonformen) Krediten berichten. Zu erfassende ESG-Daten im Kreditgeschäft (z.B. CO2 Footprint der Firmenkunden) werden somit für verschiedene Zwecke benötigt. Vor diesem Hintergrund ist eine vollumfängliche – mehr oder weniger ambitionierte – Analyse und Umsetzung von ESG-relevanten Anforderungen entlang des gesamten Kreditlebenszyklus notwendig.
ESG induzierte Anpassungen auf die Kreditprozesse im Detail
Die nachfolgende Betrachtung anhand der Prozesse für das Neugeschäft und das Bestandsgeschäft vereinfacht eine strukturierte Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen, insbesondere BTO 1 der MaRisk.
Abbildung 1: Die Berücksichtigung von ESG(-Risken) im Kreditprozess (Quelle: Eigene Darstellung crossconsulting Research in Anlehnung an EBA Guideline on loan origination and monitoring, EBA/GL/2020/06)
Bei der Umsetzung der regulatorischen Anforderungen entlang des Kreditprozesses haben Institute gewisse Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des eigenen Ambitionsniveau z. B. bei der ESG-Risikodefinition und der Risikoeinstufung von Kunden. Abhängig von der Ausgestaltung variiert der Umfang der ESG-Datenerhebung, so dass eine rechtzeitige Erfüllung der regulatorischen Mindestanforderung realistisch ist.
Herausforderung
Wir beobachten, dass eine end-to-end ESG-Betrachtung der Kreditprozesse nur von wenigen Banken durchgeführt wird und entsprechende Informationssilos bestehen. Bei den von der EBA beaufsichtigten Instituten werden die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Kreditvergabe und die Anforderungen aus dem Reporting aufgrund unterschiedlicher Umsetzungsfristen in getrennten Projekten nacheinander oder nebeneinander bearbeitet. Dadurch entstehen Ineffizienzen und vermeidbare Kosten für die Bank. Insbesondere die less-significant institutions können die Anforderungen gebündelt in einem effizienten Projekt umsetzen und frühzeitig eine Harmonisierung zwischen Geschäftsbereichen sowie relevanten Schnittstellen sicherstellen.
Nur wenn ausreichend Daten von hoher Qualität vorliegen, kann eine erfolgreiche Umsetzung und Erfüllung der Anforderungen an die Kreditvergabe und Überwachung sichergestellt werden. Aktuell sind nicht ausreichend Daten verfügbar, was dazu führt, dass Banken die Daten bei ihren Kunden erheben müssen. Daraus resultieren umfassende Prozessanpassungen, die die Effizienz des gesamten Kreditprozesses erheblich beeinflussen. Beispielsweise werden etablierte, vollautomatisierte gewerbliche Finanzierung- und Leasingprozesse unterbrochen, um noch zusätzlich die relevanten ESG-Daten zu erfassen und somit die aufsichtsrechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Erschwerend kommt hinzu, dass die vorhandenen Dateninfrastrukturen dem hohen Niveau der ESG-Berichterstattung häufig nicht gewachsen sind und ausgebaut werden müssen.
Gespräche mit unseren Kunden haben bestätigt, dass die angemessene Beschaffung und Berücksichtigung der Daten zur Bewertung von ESG-Risiken unter Kosten-Nutzen-Aspekten eine der größten Herausforderungen darstellt. Eine deutliche Erhöhung von manuellen Schnittstellen und eine Erhöhung der Komplexität im Kreditprozess, lassen sich durch eine konsequente end-to-end Betrachtung, Neustrukturierung des Kreditprozesses und der Anbindung neuer Dienstleister jedoch vermeiden.
Unsere Leistung für Ihren Erfolg
In der Praxis hat sich bewährt, die Umsetzung der Regularien systematisch hinsichtlich ihrer „Readyness“ zu bewerten und gegebenenfalls Handlungsbedarfe abzuleiten. Mit unserem Stufenmodell können wir Sie dabei unterstützen, regulatorische „Readyness“ im Bezug auf die 7. MaRisk-Novelle herzustellen. Im Rahmen dieses Stufenmodells identifizieren wir die für Ihr Institut relevanten Anforderungen und Pflichten, analysieren und dokumentieren den Ist-Zustand und geben Ihnen eine umfassende Bewertung des Umsetzungsgrades. Auf dieser Grundlage können wir Ihnen indiviudelle Handlungsempfehlen geben und Gestaltungsmöglichkeiten für eine pragmatische Umsetzung in Ihrem Institut aufzeigen.
Basierend auf unserer Erfahrung in der Optimierung von Kreditprozessen sowie unserer Expertise im Bereich Nachhaltigkeit haben wir Projektbeschleuniger entwickelt und in verschiedenen ESG-Projekten erfolgreich verprobt. Diese Projektbeschleuniger können wir individualisiert einsetzen und Ihnen damit eine Reduzierung der Umsetzungskosten ermöglichen.
crossconsulting begleitet verschiedene Banken, Bausparkassen und Finanzdienstleister bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsanforderungen im Kreditprozess und unterstützt bei allen damit einhergehenden Fragestellungen. Kommen Sie bei Interesse gerne auf uns zu und diskutieren mit uns.
Ihre Ansprechpartner:
Bernd Hinrichs (Senior Expert) Marco Janson (Senior Consultant)
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