Sekundenschnelle Überweisungen im SEPA-Raum – Die Instant Payment…
Obwohl zum Ende des Jahres 2023 laut einer aktuellen Befragung der Deutschen Bundesbank[1] allein 80% aller Deutschen Zugang zu Echtzeitüberweisungen hatten, betrug der Anteil der Echtzeitüberweisungen am Gesamtwert aller Überweisungen im zweiten Halbjahr 2023 europaweit lediglich vier Prozent[2]. Trotz eines deutlichen Anstiegs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, warten die Echtzeitüberweisungen bislang also weiterhin auf ihren Durchbruch. Dies könnte sich bald ändern, denn ab dem 09.01.2025 bzw. dem 09.10.2025 gilt in ganz Europa eine neue Verordnung zum Empfangen (ab 09.01.2025) sowie Senden (ab 09.10.2025) von Echtzeitüberweisungen (Instant Payment Regulation, kurz IPR).
Was ist neu?
Bislang gab es für Echtzeitüberweisungen im SEPA-Raum kaum einheitliche Regeln. Dies führte sowohl zu einer lückenhaften Abdeckung als auch zu einem Flickenteppich an nationalen Regularien. Zudem wurden meist Gebühren für die Abwicklung einer Überweisung innerhalb weniger Sekunden verlangt, was den Service unattraktiv machte und eine plausible Erklärung für die anfangs erwähnte geringe Nachfrage nach Echtzeitüberweisungen liefert. Doch damit soll nun Schluss sein. In ihrer am 13. März 2024 veröffentlichen Gesetzesänderung hat die Europäische Union einheitliche Regeln für Echtzeitüberweisungen sowie Termine für die Umsetzung dieser neuen Bestimmungen durch die Payment Service Provider (PSP= Zahlungsdienstleister) festgelegt. Folgende Punkte sollen sich demnach ab 2025 europaweit ändern:
- Überweisung innerhalb weniger Sekunden
Mit der neuen Instant Payment Regulation wurde ein fester zeitlicher Rahmen für Echtzeitüberweisungen festgelegt. Nicht länger als 10 Sekunden darf es in Zukunft dauern, bis das Geld von einem Konto zum anderen Konto überwiesen wird.
- Verfügbarkeit für jeden Überweisungstyp
PSPs sind verpflichtet, die Möglichkeit für Echtzeitüberweisungen für jeden Überweisungstyp anzubieten. Dazu zählen neben klassischen Online-SEPA-Überweisungen auch sogenannte Bulk Payments (Bündel mehrerer Einzelüberweisungen) und Überweisungen per Überweisungsschein. Für jeden dieser Überweisungstypen hat die Europäische Union zudem genau festgelegt, ab welchem Zeitpunkt im Zahlungsabwicklungsprozess der 10-Sekunden-Zeitrahmen beginnt.
- Keine zusätzlichen Gebühren
Das Ausführen einer Echtzeitüberweisung darf laut EU für den Endverbraucher keine zusätzlichen Gebühren im Vergleich zu herkömmlichen SEPA-Überweisungen nach sich ziehen. Die EU reagiert damit auf die bisherige weitestgehende Ablehnung von Echtzeitüberweisungen aufgrund zu hoher Gebühren. Zudem sollen Echtzeitüberweisungen auch über alle bislang für herkömmliche SEPA-Überweisungen verfügbaren Kanäle durchführbar sein.
Durch die neue Instant Payment Regulation sollen Echtzeitüberweisungen in Zukunft zunehmend an Attraktivität für die Endverbraucher gewinnen. Insbesondere Cross-Border-Überweisungen werden dann reibungsloser und schneller durchführbar sein als bisher. Die EU erhofft sich zudem durch ihre Gesetzesänderung den Flickenteppich an nationalen Bestimmungen auflösen zu können und somit die Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz innerhalb des europäischen Zahlungsnetzwerks merklich zu verbessern[3].
Verification of Payee (VOP) Schema – Das Sicherheitskonzept hinter der IPR
Mit den neuen Regularien sollen Echtzeitüberweisungen in Zukunft der Standard im SEPA-Raum werden. Um trotz des vorgegeben Zeitrahmens von zehn Sekunden gewährleisten zu können, dass die entsprechende Überweisung den richtigen Empfänger erreicht, vertraut die EU deshalb in Zukunft auf das im Folgenden beschriebene VOP-Schema, welches trotz schnellerer Abwicklungszeiten einen reibungslosen sowie fehlerfreien Überweisungsverlauf gewährleisten soll.
[1] Quelle: Deutsche Bundesbank, Zahlungsverhalten in Deutschland 2023, Stand: Dezember 2024
[2] Quelle: Europäische Zentralbank, Zahlungsverkehrsstatistik für das zweite Halbjahr 2023, Stand: 25.07.2024
[3] Quelle: Europäisches Parlament und Europäischer Rat, Regulation (EU) 2024/886, 13.03.2024

*RVM: Routing and/or Verification Mechanism
- Schritt 1: Eine Echtzeitüberweisung beginnt stets beim Auftraggeber (also demjenigen, der die Echtzeitüberweisung in Auftrag gibt). Dieser übermittelt an seinen PSP (hier Requesting PSP genannt) die IBAN und den Namen des Empfängers. Anstatt des Namens, kann alternativ auch ein sogenannter Identification Code angegeben werde, welcher den Empfänger zweifelsfrei identifiziert (z.B. die Steuer – oder Sozialversicherungsnummer).
- Schritt 2: Sobald der Requesting PSP sicher ist, dass alle benötigten Informationen vorliegen, übermittelt dieser die angegeben Informationen an den PSP des Empfängers (hier Responding PSP genannt). Zuvor muss der Requesting PSP mit Hilfe seiner Kopie des EDS (European Payment Council Directory Service) sicherstellen, dass der Responding PSP am VOP-Schema teilnimmt und die vom Sender angegebenen Informationen bezüglich des Empfängers dem Responding PSP vorliegen (insbesondere im Falle eines Identification Codes kann es zu Abweichungen kommen).
- Schritt 3: In diesem Schritt prüft der Responding PSP die vom Requesting PSP erhaltenen Daten und verifiziert, dass die IBAN und der angegeben Name (oder Identification Code) zusammenpassen bzw. in dieser Kombination beim Responding PSP hinterlegt sind.
- Schritt 4: Auf Grundlage des Ergebnisses dieser Prüfung durch den Responding PSP übermittelt dieser eine entsprechende Antwort an den Requesting PSP. Diese Antwort kann wie folgt lauten:
- Match: Name bzw. Identification Code und IBAN stimmen mit den beim Responding PSP vorhandenen Daten exakt überein. In diesem Fall wird die Echtzeitüberweisung nach der Autorisierung durch den Sender ausgeführt
- Close Match: Name bzw. Identification Code und IBAN stimmen fast exakt mit den beim Responding PSP vorhandenen Daten zum Empfänger überein. Bei einem Close Match ist der Requesting PSP verpflichtet den Sender darüber zu informieren und ihm die beim Responding PSP hinterlegten Daten zum Empfänger anzuzeigen. Der Sender hat dadurch die Möglichkeit eventuelle Fehler zu korrigieren und zu verifizieren, dass der Empfänger korrekt aus. Ein Close Match tritt meist bei sich unterscheidenden Schreibweisen eines Namens in verschiedenen Sprachen auf
- No Match: Name bzw. Identification Code und IBAN stimmen nicht mit den beim Responding PSP vorhandenen Daten zum Empfänger überein. In diesem Fall muss der Requesting PSP den Sender vor der Autorisierung darüber informieren, dass es bei Ausführung der Überweisung zu einem Transfer des Geldes an den falschen Empfänger kommen kann
- Verification Check not possible: Sollte der VOP-Prozess nicht (oder nicht innerhalb des vorgesehenen Zeitrahmens) durchführbar sein, muss der Requesting PSP den Sender darüber ebenfalls informieren und diesem eine Lösungsmöglichkeit (z.B. die Wiederholung des Prozesses) anbieten
Für den gesamten VOP-Schema ist ein Zeitrahmen von maximal fünf Sekunden vorgesehen. Sollte nach dieser Zeit keine Antwort vorliegen, gilt der Prozess als nicht durchgeführt und muss wiederholt werden.
Das VOP-Schema ist dazu gedacht, das Risiko einer Fehlüberweisung bei Echtzeitüberweisung zu minimieren und so die Sicherheit zu verbessern. Gleichzeitig erfordert es jedoch eine umfangreiche technische Umsetzung und die Einhaltung einheitlicher Standards.
[4] Quelle: European Payment Council, Verification of Payee Scheme Rulebook (Version 1.0), 10.10.2024
Auswirkungen für Kunden und Banken
Mit der Einführung der IPR ändert sich nicht nur einiges für die PSPs, sondern auch die Payment Service User (PSU) (PSU = Endverbraucher/ Zahler/ Zahlungsempfänger) müssen sich auf die Neuerungen einstellen. Dabei kann es insbesondere bei der Verification of Payee zu Herausforderungen kommen, auf die die PSPs reagieren müssen:
- Mitarbeitende im Kundenservice müssen geschult werden, um häufige Fragen wie „Warum wurde meine Überweisung nicht wie gewohnt ausgeführt?“ kompetent beantworten zu können
- Die Kundenkommunikation muss sich auf allen Kanälen diesen Neuerungen stellen
- Die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit von Echtzeitüberweisungen erfordert einen 24/7-Kundenservice
- Angesichts veralteter Banksysteme und vergangener Versäumnisse bei der Aktualisierung des Kundenserviceangebots, stehen PSPs und Banken nun erneut vor der Herausforderung ihre Systeme den (indirekten) Anforderungen jüngster Entwicklungen wie der IPR an den Kundenservice anzupassen
- Neue Prozesse und Begriffe wie „Close Match“ können Verwirrung stiften. Eine klare und proaktive Kommunikation ist erforderlich, um Missverständnisse zu vermeiden
Die EU-Instant-Payment-Regulation wird also insbesondere in ihren Anfängen neue Herausforderungen in der Kundenkommunikation mit sich bringen, die weitreichende Versäumnisse in der Weiterentwicklung der Kundenservice-Systeme offenbaren werden. Allein im Jahr 2023 gab jeder Deutsche im Schnitt 86 Überweisungen auf. Insgesamt belief sich die Zahl der getätigten Überweisungen in jenem Jahr auf über 7,8 Milliarden. Es ist leicht zu approximieren, welches Aufkommen an Servicebedarf entsteht, wenn lediglich 10% der Empfängerüberprüfungen fehlschlagen und eine Kontaktaufnahme mit dem Kundenservice auslösen würde. Der drohende Anstieg der Kosten sowie ein höherer Personalbedarf in der Umsetzungsphase, erfordern eine umsichtige Vorgehensweise und eine entsprechende Lösung.
crossconsulting besitzt langjährige Erfahrung im Zahlungsverkehr sowie Kundenservice und kann sie dabei unterstützen, die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen, technische Lösungen zu implementieren und sowohl Kunden als auch Mitarbeitende optimal auf die neuen Prozesse vorzubereiten.
Autoren: Simon Vitz (Manager) & Simon Hermes (Werkstudent)
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