Banken

Die EU-Taxonomie für Banken – Herausforderungen und Lösungswege…

Veröffentlicht am: 18. März 2025

Der Finanzsektor steht bei der Finanzierung des Übergangs zu einer nachhaltigen Ökonomie im Fokus. Die EU-Kommission setzt über Verordnungen die Bankenaufsicht als Instrument zur Durchsetzung ihrer Klimaziele ein. Zu diesen Verordnungen zählt die „EU-Taxonomie“, die einen Klassifizierungsrahmen für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten und dazugehörige Offenlegungspflichten vorgibt.

Somit kommt dem Finanzsektor – und darunter v. a. Banken [1]– im Kontext von Nachhaltigkeit und deren Durchsetzung eine Schlüsselrolle zu. [2] Deren großer Hebel liegt in den Scope-3-Emissionen: Über Investitionen und Kreditentscheide kann gesteuert werden, in welche Sektoren und Branchen Finanzmittel allokiert werden. In ihrer Funktion als Finanzintermediäre bringen Banken hierbei die Kapitalnachfrage und das -angebot zusammen. Als Finanzier der Realwirtschaft haben Banken somit eine starke Einflussmöglichkeit auf selbige, auch um diese in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken:

Abbildung 1: Wechselwirkungen zwischen den marktwirtschaftlichen Akteuren. Quelle: Eigene Darstellung.

Obige Abbildung skizziert den Wirkungszusammenhang, der die Beteiligten bei der Umsetzung der Nachhaltigkeit vor Herausforderungen stellt. Hierdurch werden u. a. einzelne Geschäftsmodelle von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vom Markt verdrängt, wie z. B. Braunkohleförderer. Alternativ können KMU mittels Transformation auf die Erfordernisse reagieren. Parallel entstehen neue Unternehmen, wie etwa im Bereich des 3D-Drucks anstelle einer emissionsintensiven Logistik.

Insgesamt ist „Nachhaltigkeit“ kein kurzfristiger Trend, sondern vielmehr als Metatrend zu bewerten, der die kommenden Jahre und Jahrzehnte prägen wird. [3] Daher ist es für Banken umso wichtiger, sich mit einer angemessenen Umsetzung intensiv auseinanderzusetzen.

Die Umsetzung der EU-Taxonomie stellt Banken vor eine Reihe von Herausforderungen, da sie ihre internen Prozesse, Systeme und Strategien erheblich anpassen müssen. Nachfolgend werden die wesentlichen Herausforderungen und dazugehörigen Wechselwirkungen überblicksartig dargestellt sowie Lösungsansätze abgeleitet:

Abbildung 2: Herausforderungen durch die EU-Taxonomie und ausgewählte Wechselwirkungen. Quelle: Eigene Darstellung.

1 Qualität & Quantität der Datenbasis

Um die Konformität mit der EU-Taxonomie bewerten zu können, sind Banken auf detaillierte ESG-Daten (Environmental, Social, Governance) ihrer Firmenkunden angewiesen. [2] Diese Daten sind oft nicht verfügbar (z. B. bei kleinen & mittleren Unternehmen), uneinheitlich oder nicht standardisiert. Welches Unternehmen kann mit Daten belegen, mit welchen Maßnahmen Wasserressourcen geschützt wird? Mitunter sind solche Daten schwer zugänglich, insbesondere bei internationalen Firmenkunden. Dazu sind die Daten, die vielfach qualitativer Natur sind, in finanzielle Größen zu übersetzen, die zugleich durch die sie verarbeitenden IT-Systeme maschinell lesbar sind. Das stellt Banken vor die Aufgabe, eine Datenanalyse bzw. -inventur vorzunehmen. Das Ergebnis ist mit Blick auf die Nutzbarkeit für Auswertungen, darauf bezogene Entscheidungen, aber vor allem auch mit Blick auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung hin zu überprüfen. Ggf. sind bereits die Vertriebsunterlagen und Fragebögen dahingehend zu prüfen, ob diese geeignet sind, maschinell auswertbare Informationen zu liefern, um den bankinternenn als auch den bankaufsichtlichen Anforderungen zu genügen. Ebenso ist diese steigende Menge an Daten zu bewältigen, die entsprechend Speicherkapazität sowie höhere Geschwindigkeit in deren Verarbeitung erfordert. Die bestehenden IT-Systeme sind in diesem Kontext auf den Prüfstand zu stellen. Um den Anforderungen an Qualität und Quantität der Daten, die in den bestehenden IT-Landschaften der Banken nur bedingt abgedeckt werden, gerecht zu werden, empfiehlt sich u. a. der Einsatz von Cloud- und KI-Technologie.

2 Komplexität der EU-Taxonomie

Die Taxonomie ist vielschichtig und technisch anspruchsvoll. Von den Banken wird eine Prüfung der Erfüllung der Ziele von den Kunden (= risikobasierte Due-Diligence) gefordert. Ein Verständnis von den technischen Prüfkriterien für jede wirtschaftliche Aktivität ist dabei essenziell. [4] Diese Prüfkriterien sind z. T. schwer greifbar, wie etwa die Messung, ob eine Wirtschaftstätigkeit einen „wesentlichen Beitrag“ zu mindestens einem der sechs definierten Umweltziele [5] beiträgt, ohne dabei ein Umweltziel zu beeinträchtigen. Besonders die Konnotation des „wesentlichen Beitrags“ zielt auf Schwellenwerte ab, die quantitativ zu erheben und zu berichten sind.

Daneben ist die sogenannte „Do No Significant Harm“-Bewertung (DNSH) durchführen. [6] Dieses Prinzip besagt, dass die sechs Umweltziele der EU-Taxonomie-Verordnung nicht beeinträchtigen darf.

Zusätzlich sind Mindestschutzmaßnahmen berücksichtigen, z. B. im Hinblick auf Menschenrechte und Arbeitsstandards. Dieser risikobasierte Due-Diligence-Ansatz soll Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Aktivitäten auf die Menschen und Mitarbeiter identifizieren. Um dies zu gewährleisten, sind detaillierte betriebliche Analysen vonnöten. Das erfordert und bindet Ressourcen bei den Banken.

Auch die Übersetzung der resultierenden Risiken aus Perspektive der Gesamtbanksteuerung ist komplex. [7] So birgt die Bewertung von Nachhaltigkeitsrisiken u. a. folgende Herausforderungen:

Zur Bewältigung der Komplexität sind Investitionen in die Fortbildung von Mitarbeitenden sowie das Hinzuziehen weiterer Experten zielführend. Als unterstützende Maßnahme zur Komplexitätsreduktion kann der Einsatz KI-gestützter Systeme und Modelle erachtet werden, der wiederum die oben genannte Datenbasis zu berücksichtigen hat.

3 Integration in bestehende Prozesse

Die EU-Taxonomie zielt darauf ab, integraler Bestandteil in bestehenden Geschäftsprozessen zu werden. Dies erfordert u. a. Anpassungen im Risikomanagement und im Kreditvergabeprozess als auch in der Berichterstattung oder auch der Geschäftsstrategie.

Besonders im Bereich des Risikomanagements sind nachhaltigkeitsbedingte Risiken explizit zu berücksichtigen: So sind bspw. der Einbezug von Klimarisiken, zusätzliche Transparenzanforderungen sowie die Umsetzung der EU-Taxonomie wesentliche Elemente. [7]

Neben den dafür erforderlichen Investitionen in die IT-Systeme ist eine Kollaboration zwischen den ESG-Abteilungen und den operativen Einheiten zwingend erforderlich. Möglicherweise sind bestehende „informatorische Silos“ sind aufzubrechen. Die Mitarbeitenden sind über ein entsprechendes Change-Management einzubinden.

4 Reporting- & Meldepflichten

Banken stehen unter erhöhtem Druck, ihre taxonomiekonformen Aktivitäten offenzulegen. Dieser entsteht v. a. wegen der „Green Asset Ratio“ (GAR), welche den Anteil nachhaltiger Finanzierungen am Gesamtportfolio widerspiegelt. Weitere Anforderungen ergeben sich im Bereich der Nachhaltigkeits-berichterstattung aus der „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) und den daran entlehnten „European Sustainability Reporting Standards“ (ESRS). Dazu gesellt sich die „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ (SFDR), die ESG-Offenlegungen im Finanzwesen standardisiert. [9]

Um diesen Meldepflichten gerecht zu werden, sind klare Berichterstattungsmechanismen zu entwickeln. Zugleich sind interne Kontrollsysteme (IKS) mit dem Fokus ESG zu erweitern, die eine Kontrolle der Einhaltung der Normen ermöglichen.

5 Fehlende Kundenakzeptanz

Viele Unternehmen, darunter besonders KMU, sind mit den Anforderungen der Taxonomie überfordert oder sehen keinen unmittelbaren Nutzen darin. Banken sind demzufolge als Intermediator und als Umsetzer der regulatorischen Anforderungen in der Pflicht, ihre Kunden über die Bedeutung der Taxonomie aufzuklären und bei der Umsetzung zu unterstützen. Daneben sind nachhaltige Finanzprodukte zu entwickeln, die für Kunden attraktiv sind und zugleich den regulatorischen Anforderungen genügen sowie nicht unter den Verdacht des „Greenwashing“ fallen. Die erforderliche Beratung und enge Zusammenarbeit mit den Kunden kann auch als Chance für eine gesteigerte Kundenbindung genutzt werden.

6 Kosten & Ressourcenbedarf

Die Anpassung an die Taxonomie ist für Banken ressourcenintensiv. Sie verursacht hohe Kosten für IT-Anpassungen, Datenbeschaffung sowie für die Weiterbildungsmaßnahmen und Kommunikation. Darüber hinaus gibt es zusätzlichen Personalbedarf für ESG-Analysen und die Nachhaltigkeits-berichterstattung, ergänzt um weitere Kosten für externes Personal (Experten). Ein möglicher Hebel, die entstehenden Kosten bestmöglich zu decken, sind „ESG-Kooperationen“. In den Bankenverbänden können hierfür Spezialeinheiten gebildet werden, die die ESG-Anforderungen in der jeweiligen Gruppe zentral und damit effizient erbringen.

7 Risiken durch Nicht-Konformität

Eine unzureichende Compliance mit den Anforderungen der Taxonomie birgt Risiken. Es können Reputationsschäden u. a. durch Greenwashing-Vorwürfe entstehen. Nicht zuletzt der Fall der DWS Group hat gezeigt, wie weitreichend solche Konsequenzen sein können. [10] Neben einem potenziellen Reputationsschaden, der sich über soziale Medien schnell viral verstärken kann, hat die Bank mit Strafen oder Sanktionen bei Nichteinhaltung regulatorischer Vorgaben durch die Aufsichtsbehörden zu rechnen. Zugleich können die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage beeinträchtigt sein, falls bspw. Kunden ihre Einlagen oder investierten Mittel wegen des verlorenen gegangenen Vertrauens abziehen.

Die Sicherstellung der Konformität fängt bereits bei der Abgrenzung der Begriffe der Taxonomie-Verordnung im Abgleich mit dem betriebsinternen Verständnis an. Eine Wechselwirkung besteht auch hier zur Datenbasis (Punkt 1). Auch die Auslegung der regulatorischen Anforderungen ist mit Blick auf Konformität sicherzustellen.

Um dieser Herausforderung erfolgreich zu begegnen, ist der Aufbau eines integrierten Compliance-Systems essenziell. Möglicherweise sind entsprechende Audits einzuleiten, um die Konformität zu gewährleisten.

8 Wettbewerbsdruck

Aus den Veränderungen der Bankkunden heraus könnte ein Wettbewerbsdruck entstehen. Für nachhaltigkeitsorientierte Kunden ist eine „ESG-konforme“ Bank attraktiv. Fraglich ist, ob und wann dieser Wettbewerbsdruck entsteht. Unabhängig vom Kundenverhalten könnte allein schon wegen der Green Asset Ratio Handlungsdruck entstehen, etwa im Wettbewerb um „grüne Assets“. Dementsprechend muss die Entwicklung marktgerechter nachhaltiger Finanzprodukte erfolgen. Gleichzeitig müssen die Banken auch den Wettbewerb mit nicht-nachhaltigen Angeboten bewältigen. Insgesamt erhöht sich der Wettbewerb, da neben dem regulären Wettbewerb auch ein Ringen um eigens diese nachhaltigkeitsorientierte Kundenklientel hinzukommt.

Fazit

Die EU-Taxonomie zwingt Banken dazu, ihre gesamten Geschäftsmodelle nachhaltiger auszurichten. Die Herausforderungen bestehen insbesondere im Bereich Datenmanagement, Prozessintegration, aber auch in der Komplexität der Verordnung. Zwischen den Herausforderungen bestehen Wechsel-wirkungen, die eine Umsetzung entsprechend erschweren. Grundlage für die Umsetzung ist die Daten-basis. Deren fehlerhafte Erhebung, Angleichung und Nutzbarmachung kann zudem zu bankaufsichtlichen Sanktionen führen.

Die Integration von Nachhaltigkeit in die Geschäftspolitik von Banken ist – nicht erst seit Einführung der EU-Taxonomie – eine schlüssige Folge aus regulatorischer, sondern auch langfristig aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Sie eröffnet neue Geschäftsmöglichkeiten in einem wachsenden Markt für nachhaltige Finanzierungen und Geldanlagen. Sie stärkt zugleich die Rolle der Banken in der Transformation zu einer nachhaltigen Ökonomie. Damit fördert sie auch nachhaltigere und (damit) risikoärmere Geschäftsmodelle von Banken, was zu einer zusätzlichen Stabilisierung des Finanzwesens beiträgt. Mit strategisch ausgerichteten Investitionen, einer engen Kunden-zusammenarbeit und (Finanz-)Innovationen können diese Herausforderungen gemeistert werden.

Autoren: Dr. Christoph Hauke (Senior Consultant) & Arno Eitz (Partner)

Fußnoten/Literatur:

[1] Der Begriff „Banken“ wird hier für Kreditinstitute i. S. d. § 1 KWG verwendet und umfasst damit auch Sparkassen.

[2]

  1. Europäische Bankenaufsicht (2020): EBA Discussion paper – On management and supervision of ESG risk for credit institutions and investment firms.
  2. Koss, Florian: Ein Bekenntnis für die Umwelt und das Klima, online unter URL: https://www.bankingclub.de/news/nachhaltigkeit/ein-bekenntnis-fuer-die-umwelt-und-das-klima/.

[3] Zur Tragweite und Dimension des Metatrends „Nachhaltigkeit“ ist die semantische und inhaltliche Abgrenzung von Metatrends gegenüber (Mega-)Trends zweckdienlich.

a) Hauke, Christoph (2021): Strategien von regionalen Hausbanken im Zuge der Internationalisierung ihrer Firmenkunden: Eine qualitativ-empirische Analyse, Dr. Kovac.

[4] Verordnung (EU) 2023/2486 der EU-Kommission vom 27.06.2023 zur Ergänzung der Verordnung EU (EU) 202/852 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung der technischen Bewertungskriterien.

[5] Die sechs Umweltziele umfassen Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Umweltverschmutzung sowie Schutz von Biodiversität und Ökosystemen.

[6] Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.06.2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088.

[7] Nachhaltigkeitsrisiken bilden keine separate Risikokategorie; vielmehr sind sie als Teil der bekannten bankbetrieblichen Risikoarten.

  1. Reuse et al. (2021): Nachhaltigkeit in deutschen Banken – eine empirische Analyse nachhaltiger Assets im Kontext des BaFin-Merkblattes aus 2019, in: Banking & Innovation 2020/2021, Springer.
  2. Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2019): Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken.

[8] Ein-Black-Swan-Ereignis tritt selten und unerwartet, aber mit weitreichendem Einfluss auf. Es kann erst nach Eintritt erklärt werden (z. B. Terrorangriff). Ein Green-Swan-Ereignis oder auch „Klima-Black-Swan“ hat im Vergleich einen gewissen Grad an Sicherheit darüber, dass sich Klimarisiken künftig materialisieren werden. Klimakatastrophen sind ihrer u. U. existenziellen Gefahr gravierender als systemisch finanzielle Krisen wegen. Die Komplexität mit Bezug zum Klimawandel ist höherrangig als Black Swans, da komplexe Kettenreaktionen geopolitische, soziale und ökonomische Dynamiken generieren könnten.

  1. Taleb, Nassib (2008): Der Schwarze Schwan, Hanser.

[9] Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2025): EU-Offenlegungsverordnung, online unter URL: https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/SF/OffenlegungsVO/OffenlegungsVO_node.html.

[10] Krolle, Hannah (2024): Bafin leitet Sonderprüfung bei Fondsanbieter DWS ein, Handelsblatt, online unter URL: https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/finanzaufsicht-bafin-leitet-sonderpruefung-bei-fondsanbieter-dws-ein/100096448.html.

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